Ministerin Ernst stellt Fachkräftebericht zur Kindertagesbetreuung im Kabinett vor

Kitakinder spielen mit Hula Hoop Reifen.

Jugendministerin Britta Ernst hat das Kabinett auf seiner Sitzung am 3. Juli 2018 über den neuen Fachkräftebericht für den Bereich der Kindertagesbetreuung informiert. Der Landtag hatte sich im April 2017 mit der Fachkräftesituation in den Kindertagesstätten im Land Brandenburg befasst und die Landesregierung aufgefordert, den Fachkräftebericht aus dem Jahr 2013 fortzuschreiben. Der Bericht 2018 wird nun dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport des Landtages zugeleitet.

Mit rund 571.000 bundesweit pädagogisch tätigen Fachkräften ist das Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung bundesweit ein wachsendes Arbeitsmarktsegment. Die Kindertagesbetreuung ist gekennzeichnet durch demografischen Wandel, Anstieg des Platzbedarfs und erhebliche Anstrengungen zur Anhebung der pädagogischen Qualität. 

Im Zuge des weiteren Ausbaus der Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg sind zwischen 2012 und 2017 mehr als 3.000 Erzieherinnen und Erzieher neu ins Arbeitsfeld gekommen, was einem Plus von 23% entspricht. Auch ist die Altersstruktur der in Brandenburger Kitas beschäftigten Fachkräfte 2017 ausgeglichener als dies noch 2013 der Fall war; so verzeichnet das Arbeitsfeld nahezu ebenso viel jüngere wie ältere Beschäftigte. Erfreulich ist auch, dass einer Verbleibabfrage zufolge 82% der Absolventinnen und Absolventen der Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin/zum staatlich anerkannten Erzieher eine Beschäftigung im Land Brandenburg aufnehmen.

Mit dem neuen Bericht wurde überprüft, ob die im Fachkräftebericht 2013 beschriebenen Strategien noch zutreffend sind, um den zu erwartenden Personalbedarf zu decken.

Der Bericht verdeutlicht Entwicklungen im Bereich der Frühen Bildung seit den Bestandserhebungen aus dem Jahr 2013. Diese werden ergänzt um Ergebnisse einer von der Fachhochschule Koblenz 2018 vorgelegten und vom MBJS geförderten Studie Träger und Personalrekrutierung – Kindertagesbetreuung in Brandenburg, die auf einer Befragung der Einrichtungsträger zur Personal- und Fachkräftesicherung beruht.

Ministerin Ernst: „Der Bericht zeigt große Erfolge bei der Sicherung der Fachkräfte, aber auch weiteren Handlungsbedarf aller Akteure. Wir wollen den Bedarf künftig genauer erfassen. Dabei müssen wir darauf achten, dass wir den Fachkräftebedarf in der Kindertagesbetreuung nicht isoliert betrachten, sondern alle Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe, die Hilfen zur Erziehung und die Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit, ebenso in den Blick nehmen wie auch Bereiche außerhalb, wozu u.a. die Schule mit den Bereichen Ganztag und Gemeinsames Lernen gehört. In diesem Zusammenhang wird auch deutlich, dass wir bei jeder weiteren Qualitätsverbesserung bei der Personalausstattung mit im Blick behalten müssen, dass die notwendigen Fachkräfte dafür ausgebildet werden.“

Besonders hervorzuheben ist dabei der Anstieg der Anzahl der Schülerinnen und Schüler in der tätigkeitsbegleitenden Ausbildung. Im Schuljahr 2017/18 absolviert bereits ein Drittel die Ausbildung tätigkeitsbegleitend, was seit 2013 einem Anstieg um 34% entspricht. Seit Jahren wird in Brandenburg - bereits aus qualitativen Erwägungen - der Ausbau der Teilzeitausbildung favorisiert, weil diese eine innovative Verknüpfung der Lernorte Schule und Praxis erlaubt und Transferprobleme beim Übergang in die Berufstätigkeit verringert.

Der Anstieg in der tätigkeitsbegleitenden Ausbildung ist auf die seit 2010 erfolgte Öffnung der Kita-Personalverordnung zurückzuführen, die es den Einrichtungsträgern ermöglicht, quereinsteigende Kräfte während ihrer tätigkeitsbegleitenden Ausbildung auf das notwendige pädagogische Personal zu 80% anzurechnen und zu refinanzieren. Damit hat dieses Instrument für die Gewinnung von Fachkräften für die Träger der Kindertagesstätten weiter an Attraktivität gewonnen;  ermöglicht es den Trägern, künftiges Personal zu entwickeln und zu binden. Aber auch für die Schülerinnen und Schüler ist dieses Ausbildungsmodell attraktiv, da sie über den Gesamtzeitraum der Ausbildung eine Vergütung erhalten.  

Ausgewählte Ergebnisse im Überblick.

1. Kindertagesstätten im Land Bandenburg:

  • Im Jahr 2017 sind im Land Brandenburg 52% der Kindertagesstätten in öffentlicher Trägerschaft, was - gegenüber dem letzten Berichtszeitraum - einem leichten Rückgang um 2% entspricht.
  • Die  Anzahl der in Kindertagesstätten und Kindertagespflege betreuten Kinder ist seit 2012 um weitere 20.429 Kinder gestiegen, das ist ein Zuwachs von rund 13%. Bei Betrachtung des Gesamtzeitraums von 2008 bis 2017 ist die Anzahl betreuter Kinder insgesamt um 36.779 gestiegen und damit ein Gesamtzuwachs von rund 26% zu verzeichnen. 
  • Die Betreuungsquote bei Kindern unter drei Jahren ist weiter gestiegen. Lag sie im Jahr 2012 bei 53,4%, liegt sie im Jahr 2017 bei 55,8%. Der bundesweite Durchschnitt lag 2017 bei 33,1%.
  • Bei den Hortkindern ist die Betreuungsquote um 3,8 Prozentpunkte gestiegen und liegt im Jahr 2017 bei 61,5%. Bei Kindern von 3 Jahren bis zur Einschulung beträgt die Betreuungsquote 2017 unverändert 96,2%.
  • Die staatlich anerkannten Erzieherinnen und Erzieher bilden mit 17.208 Personen und einem Anteil von 93% der beschäftigten Fachkräfte erwartungsgemäß die größte Personalgruppe in den Einrichtungen der Kindertagesbetreuung.
  • Das Durchschnittsalter des Fachpersonals in Kitas liegt unverändert bei 44,9 Jahren. Auffallend ist, dass sich die Berufseinstiegsphase und damit auch die Familienphase zeitlich weiter nach hinten verschieben.

 2. Ausbildung an Fach- und Hochschulen:

  • Die Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin/zum staatlich anerkannten Erzieher erfolgt an Fachschulen. Die Anzahl der Fachschulen, die die Ausbildung anbieten, hat sich seit dem      vorangegangenen Bericht nur unwesentlich verändert. Im Schuljahr 2017/18 wird die Ausbildung von 31 Fachschulen angeboten; davon sind 14 Schulen in öffentlicher Trägerschaft (OSZ) und 17 Schulen in freier Trägerschaft.
  • Hatten im Schuljahr 2006/07 lediglich 1.500 Schülerinnen und Schüler die  Fachschule Sozialpädagogik besucht, waren die Ausbildungszahlen bis zum Schuljahr 2012/13 bereits um 200% gestiegen. Mit 4.776 Schülerinnen und Schülern im Schuljahr 2017/18 ist ihre Anzahl unverändert im Vergleich zum letzten Bericht.
  • Die Absolventenzahlen sind entsprechend der gestiegenen Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler weiter gestiegen; während im Schuljahr 2006/07 nur 376 Absolventinnen und Absolventen zu verzeichnen waren, haben im Schuljahr 2016/17 1.348 Schülerinnen und Schüler die Ausbildung abgeschlossen. Bis zum Schuljahr 2019/20 wird eine weitere Steigerung um rund 16% angenommen; demzufolge würden noch einmal insgesamt 4.300 Schülerinnen und Schüler die Ausbildung abschließen.
  • An der Fachhochschule Potsdam stehen - unverändert - 60 Studienplätze im Bachelor-Studiengang Bildung und Erziehung in der Kindheit zur Verfügung. Bis 2016/17 haben 330 Studierende den Studiengang als Kindheitspädagoginnen und Kindheitspädagogen absolviert.

3. Arbeitsmarkt im Land Brandenburg: 

  • Im Land Brandenburg war von 2014 bis 2017 ein Rückgang der arbeitslosen Erzieherfachkräfte um 35% zu verzeichnen.

Künftiger Bedarf

Zukünftige Verbesserungen der Personalbemessung und altersbedingtes Ausscheiden werden in den nächsten Jahren auch im Land Brandenburg zu einem vermehrten Bedarf an Fachkräften führen und weitere Anstrengungen erfordern, zusätzliches Personal auszubilden und für die Kindertagesbetreuung zu gewinnen. Eine Studie soll dazu eine verlässlichere Datenbasis liefern.

Das Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung ist durch eine große strukturelle Vielfalt und Heterogenität geprägt; Maßnahmen und Strategien zur Fachkräftegewinnung, -qualifizierung und -bindung müssen daher auf den unterschiedlichen Ebenen im System ansetzen und zielgruppengerecht gestaltet werden. Fachkräftegewinnung als eine bedeutende Aufgabe der Einrichtungsträger braucht dabei regional verankerte Strategien der Personalförderung, der Personalbindung und der Personalgewinnung sowie landesweite Aktivitäten.

Die Deckung des Fachkräftebedarfs in der Kindertagesbetreuung ist eine Herausforderung, die sich daher richtet 

  • an die öffentlichen und freien Träger der Kindertagesstätten in ihrer Arbeitgeberfunktion,
  • an das Land, insbesondere hinsichtlich der Schaffung von ausreichenden Ausbildungskapazitäten und den Erhalt und Ausbau guter Rahmenbedingungen für die Ausbildung der Fachkräfte,
  • an die Landkreise und kreisfreien Städte als Rechtsverpflichtete für die Gewährleistung eines ausreichenden Angebots der Kindertagesbetreuung auf einem hohen qualitativen Niveau sowie
  • an die Ämter und Gemeinden als diejenigen, die wichtige Pflichten und Funktionen zur Verwirklichung der Rechtsansprüche auf Kindertagesbetreuung übernehmen (u.a. Bereitstellung der Gebäude; Restbedarfsfinanzierung) und die Verhältnisse vor Ort mit am besten kennen.

Die seit der letzten Berichterstattung eingeleiteten Maßnahmen haben die Verantwortungsgemeinschaft der Beteiligten weiter gestärkt und bilden einen guten Anknüpfungspunkt, um mit weiteren Handlungsmöglichkeiten umzugehen.

Handlungsnotwendigkeiten

Aus Sicht der Landesregierung werden im Rahmen der weiteren Diskussionen und Analysen und vor dem Hintergrund der bundesweiten Entwicklungen folgende Handlungsnotwendigkeiten gesehen:

1. Weitere Analysen sind notwendig

  • Angesichts der Bedarfsentwicklung wird das MBJS eine Studie in Auftrag geben, in der aufgezeigt wird, wie sich der Bedarf an Fachkräften in der Kindertagesbetreuung mittel- und langfristig in Brandenburg entwickeln wird bzw. kann. Die Studie soll darüber hinaus auch die anderen Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere die Hilfen zur Erziehung mit dem Allgemeinen Sozialdienst (ASD), die Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit, einschließlich der Schulsozialarbeit und die Schule mit den Bereichen Gemeinsames Lernen und Ganztag, in den Blick nehmen.
  • Es werden Modellrechnungen benötigt, die es ermöglichen, notwendige politische und administrative Entscheidungen zur Bedarfsdeckung zu treffen. Die Modellrechnung für die Sozialen Berufe soll künftig analog zur Lehrermodellrechnung erfolgen.

2. Unterstützung der öffentlichen und freien Träger

  • Das Land wird auch künftig die öffentlichen und freien Träger bei der Ausübung ihrer Arbeitgeberfunktionen unterstützen: Es sollen hierzu in größerem Umfang Fortbildungsmaßnahmen angeboten werden. Zeitnah und umfassend sollen alle Informationen über aktuelle Entwicklungen, Förderprogramme und vorhandene organisatorische und personalwirtschaftliche Instrumente zur Personalrekrutierung, zum Personaleinsatz und zur Bindung von Fachkräften online zur Verfügung gestellt werden.
  • Die Deckung zukünftiger Fachkräftebedarfe erfordert eine weitere Modernisierung des Arbeitsfeldes durch die Einbeziehung unterschiedlicher Qualifikationsprofile für die erweiterten Aufgabenbereiche im Arbeitsfeld. In diesem Zusammenhang wird über eine Stärkung der Kindertagesstätten bei der Anleitung und Qualifizierung von Personen im Quer- und Seiteneinstieg nachgedacht. Die Ausbildungsbereitschaft der öffentlichen und freien Träger von Kindertagesstätten wird durch eine Fortsetzung des Landesprogramms Zeit für Anleitung weiter gestärkt.

3. Dialog

  • Da sich der Fachkräftebedarf in den Kitas, aber auch in den anderen Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe und den Schulen in den Regionen unterschiedlich entwickelt, wird sich die Landesregierung mit den öffentlichen und freien Trägern von Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie den Landkreisen, kreisfreien Städten, Ämtern und Gemeinden sowie der Bundesagentur für Arbeit abstimmen, wie eine regionale Vernetzung auch zu dieser Thematik erfolgen kann.

4. Anpassung der Kapazitäten und Verbesserung der Rahmenbedingungen der Aus- bzw. Weiterbildung

  • Entsprechend dem steigenden Fachkräftebedarf gilt es – wie in der Vergangenheit -, auch in den kommenden Jahren die Kapazitäten für die Ausbildung von staatlich anerkannten Erzieherinnen und Erziehern an den Fachschulen Sozialpädagogik weiter anzupassen. Dies betrifft insbesondere die tätigkeitsbegleitende Ausbildung an den Oberstufenzentren. Dies setzt voraus, dass die Einrichtungsträger im Einzugsbereich der Schulen noch umfassender von der Möglichkeit des Quereinstiegs gemäß Kita-Personalverordnung Gebrauch machen.
  • Im Rahmen der zu beauftragenden Studie zur Bedarfsermittlung soll auch geprüft werden, in welchem Umfang zusätzliche Bedarfe im Land Brandenburg für Kindheitspädagoginnen und -pädagogen  sowie für Sozialarbeiterinnen/Sozialpädagoginnen und Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter bestehen.
  • Die Qualifizierung zur staatlich anerkannten Erzieherin/zum staatlich anerkannten Erzieher darf nicht an finanziellen Hürden scheitern. Eine finanzielle Unterstützung der Schülerinnen und Schüler der Fachschule Sozialpädagogik kann über die Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (Schüler-BAföG) oder nach dem Aufstiegsfortbildungsgesetz (AFBG) erfolgen. Die Landesregierung unterstützt gegenwärtig eine Bundesratsinitiative zur Änderung des AFBG, damit auch Ausbildungsinteressierte mit einem bereits erworbenen Berufsabschluss, die nicht mehr die Voraussetzungen für eine Förderung nach dem BAföG erfüllen, in der Vollzeitausbildung gefördert werden können. Schülerinnen und Schüler in der Teilzeitausbildung werden aufgrund ihrer hauptberuflichen Tätigkeit bei einem Einrichtungsträger vergütet.
  • Die Landesregierung hält es für richtig, die Fachschülerinnen und -schüler von der Zahlung von Schulgeld an Fachschulen in freier Trägerschaft zu entlasten. Für die Umsetzung dieses Vorhabens sind Aktivitäten der Bundesregierung erforderlich.

5. Werbung

  • Es wird eine Öffentlichkeitskampagne gestartet, um Schulabgänger, aber auch Personen mit anderen Berufsqualifikationen für eine Tätigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe zu interessieren. Die öffentlichen und freien Träger von Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, aber auch die kommunalen Aufgabenträger und die Bundesagentur für Arbeit sollen gebeten werden, dies zu unterstützen.

6. Weitere Zugänge zur Ausbildung von staatlich anerkannten  Erzieherinnen und Erziehern

  • Es muss geprüft werden, wie weitere Zugänge in die Qualifikation der Erzieherin/ des Erziehers ermöglicht werden können. Dabei ist das bisherigen Qualifikationsniveaus DQR 6 (Bachelor-Niveau) beizubehalten. Der Einstieg in eine so genannte duale Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) liegt in Zuständigkeit des Bundes und ist derzeit nicht geplant.

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