Studie: Personalbedarf in der Kinder- und Jugendhilfe bis 2030 gedeckt

Drei Kinder sitzen im Bällebad und werfen die Bälle hoch.

Der Bedarf an pädagogischen Fachkräften in den Arbeitsbereichen der Kinder- und Jugendhilfe ist aufgrund der erwarteten demografischen Entwicklung in den nächsten 10 Jahren gedeckt – so die Aussage einer Studie mit dem Titel „Personalbedarfsprognose für die Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe und ausgewählte Bereiche der Schule im Land Brandenburg“. Sie wurde von Erziehungswissenschaftlern des Deutschen Jugendinstituts in München sowie der Technischen Universität Dortmund im Auftrag des Bildungs- und Jugendministeriums erstellt, zusammen mit einem Strategiepapier in Ergänzung der Personalbedarfsprognose.

Prof. Thomas Rauschenbach, Direktor des Deutschen Jugendinstituts: „Nach aktueller Kenntnislage wird sich der arbeitsfeldübergreifende Fachkräftebedarf in Brandenburg – im Unterschied zu den westdeutschen Ländern – nicht auf eine prekäre Personallage hin entwickeln. Im Gegenteil: Rechnerisch sieht es im Landesdurchschnitt so aus, als würde sich die Lage ab 2020 nach und nach entspannen, in erster Linie infolge der aus heutiger Sicht zu erwartenden sinkenden Geburtenzahlen. Dadurch verringern sich die künftig benötigten Personalkapazitäten im Landesdurchschnitt in der Kindertagesbetreuung vor allem ab Mitte des Jahrzehnts in einem nicht unerheblichen Maße. Dies könnte sich als eine große Chance erweisen, Qualitätsverbesserungen im Land Brandenburg spürbar und nachhaltig umzusetzen.“

Bildungs- und Jugendministerin Britta Ernst: „Ich bin für diese wissenschaftliche Studie sehr dankbar. Sie ist eine gute Grundlage, um darüber jetzt breit mit allen Akteuren der Kinder- und Jugendhilfe, wie der Liga der freien Wohlfahrtspflege, den kommunalen Spitzenverbänden und dem Kita-Expertenrat zu diskutieren. Zudem brauchen wir diese Fakten für die Arbeit an der Kita-Rechtsreform. Perspektivisch eröffnen uns die Ergebnisse der Studie Handlungsoptionen für die kommenden Jahre: Freiwerdende Personalressourcen können wir für weitere Qualitäts- und Personalschlüsselverbesserungen einsetzen. Das Ziel ist klar: Die landesweit bedarfsgerechte Sicherung der Angebote in allen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe.“

Kernaussagen der Studie:
Demografische Entwicklung – Kindertagesbetreuung
Eine landesweit erwartete sinkende Geburtenrate führt zu einem durchschnittlichen Rückgang der Altersgruppe der 3- bis 6,5-jährigen um fast 20 Prozent. Mit deutlichen regionalen Unterschieden: Während Städte wie Potsdam oder Frankfurt (Oder) weiter aufwachsen, wird in Landkreisen wie beispielsweise Spree-Neiße oder Prignitz mit einem deutlichen Rückgang der Kinderzahlen gerechnet. Der Fachkräftebedarf in den großen Städten wird also weiterhin bestehen bleiben, während sich für die ländlichen Regionen ein deutlich nachlassender Bedarf an Kita-Personal ergibt. Insgesamt werden bis 2030 vorrausichtlich rund 6.700 Kita-Erzieherinnen und Kita-Erzieher weniger benötigt als derzeit (siehe Kurzfassung der Personalbedarfsprognose, Seite 7). Personalressourcen könnten für die Qualitätsverbesserungen in den Kitas, für die Verbesserung des Personalschlüssels oder anderen Bereichen, wie in den Hilfen zur Erziehung genutzt werden.

Hilfen zur Erziehung – stationäre und teilstationäre Einrichtungen
für Kinder und Jugendliche, die zeitweise nicht bei ihrer Familie untergebracht sind.
Hier prognostiziert die Studie eine entgegengesetzte Entwicklung: Bis 2030 ist ein Mehrbedarf an Fachkräften abzusehen, der sich auf insgesamt rund 1.400 Personen beziffert lässt (siehe Kurzfassung der Personalbedarfsprognose, Seite 9). Für die Personaldeckung dieses absehbaren Mehrbedarfs stünden indes freiwerdende Erzieherinnen und Erzieher aus dem Kita-Bereich (nach entsprechender Qualifizierung) und Absolventinnen und Absolventen der Erzieherinnenausbildung sowie der Studiengänge der sozialen Arbeit zur Verfügung.

Kinder- und Jugendarbeit sowie Jugendsozialarbeit
Für diese Arbeitsfelder erwarten die Wissenschaftler keine nennenswerten Veränderungen, nur rund 200 Fachkräfte werden in diesem Arbeitsfeld weniger benötigt (siehe Kurzfassung der Personalbedarfsprognose, Seite 10). Jedoch sollte eine Erhöhung des Anteils einschlägig akademisch qualifizierten Personals angestrebt werden.

Fazit:
Aufgrund der demographischen Entwicklung prognostizieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass in den verschiedenen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe bis zum Jahr 2030 rechnerisch insgesamt rund 5.500 Fachkräfte als zusätzliche Personalressourcen zur Verfügung stehen, indes regional sehr unterschiedlich.

Ein nachlassender Fachkräftebedarf wird prognostiziert für die Bereiche Kindertagesbetreuung (rund 6.700 Fachkräfte) sowie für die Kinder- und Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit (rund 200 Fachkräfte). Ein Personalmehrbedarf wird hingegen für den Bereich der Hilfen zur Erziehung (rund 1.400 Fachkräfte) prognostiziert. Um auf den unterschiedlichen Bedarf in den einzelnen Bereichen angemessen reagieren zu können, wird von den Wissenschaftlern empfohlen:

  • das fachübergreifende Ausbildungsprofil staatlich anerkannter Erzieherinnen und Erzieher beizubehalten, um die erforderliche Flexibilität der Fachkräfte zu gewährleisten, in ganz unterschiedlichen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe arbeiten zu können,
  • entstehende Personalkapazitäten auch für zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten wie z.B. Personalschlüssel- und Qualitätsverbesserungen zu nutzen
  • vorrangig grundständig und regulär ausgebildete Fachkräfte anzustellen und Quer- und Seiteneinstiege langfristig zu reduzieren,
  • Strategien für den Erhalt von wohnortnahen Betreuungsangeboten im ländlichen Raum zu entwickeln.

Zahlen und Fakten aus den Bereichen der Kinder-und Jugendhilfe:
Kindertagesbetreuung

  • 1.944 Einrichtungen der Kindertagebetreuung, davon 995 in öffentlicher Hand (51,2 Prozent) und 949 bei freien Trägern (48,8 Prozent) sowie 991 Kindertagespflegestellen.
  • Insgesamt werden rund 193.000 Kinder unter 14 Jahren betreut (26 Prozent mehr als vor 10 Jahren), darunter 188.865 Kinder in Einrichtungen sowie 4.127 Kinder bei Kindertagespflegestellen
  • 23.085 pädagogisch Beschäftige (fast 5.000 mehr als vor 5 Jahren), davon 19.774 staatlich anerkannte Fachkräfte (darunter 19.578 Erziehrinnen und Erzieher sowie 196 Kindheitspädagoginnen und -pädagogen.)

Hilfen zur Erziehung
betreutes Wohnen/Tagesgruppen = stationäre und teilstationäre Einrichtungen

  • 545 Haupteinrichtungen (1.737 Standorte bzw. Untereinrichtungen) von insgesamt 247 Trägern der Jugendhilfe
  • Insgesamt stehen 8.641 Plätze für Kinder und Jugendliche in den teilstationären und stationären Einrichtungen zur Verfügung.
  • 3.514 Fachkräfte und pädagogisch Beschäftige

Kinder- und Jugendarbeit/ Jugendsozialarbeit

  • 3.359 Angebote der Kinder-und Jugendarbeit sowie Jugendsozialarbeit mit 13.839 Teilnehmenden in den gruppenbezogenen Angeboten und 136.879 Teilnehmenden bei Veranstaltungen und Projekten
  • Rund 1.000 sozialpädagogisch Beschäftigte in der Kinder- und Jugendarbeit sowie Jugendsozialarbeit. 

Erzieherinnen- und Erzieherausbildung
Fachschulen für Sozialwesen (staatlich anerkannte/r Erzieher/in)

  • Oberstufenzentren (OSZ)
  • Berufliche Schulen in freier Trägerschaft

Fachhochschulen im Land Brandenburg „Soziale Arbeit“ (staatlich anerkannte/r Sozialarbeiter/in)

  • BTU Cottbus-Senftenberg
  • Fachhochschule Potsdam

Fachhochschule im Land Brandenburg „Bildung und Erziehung in der Kindheit“ (staatlich anerkannte/r Kindheitspädagoge/in)

  • Fachhochschule Potsdam

In der Ausbildung „Erzieherin bzw. Erzieher – Sozialpädagogik wurden im Schuljahr 2019/20 insgesamt 5.082 Schülerinnen und Schüler an Fachhochschulen in öffentlicher und freier Trägerschaft ausgebildet, 2018/19 waren es 4.998, ein Jahr zuvor 4.776 Schülerinnen und Schüler. 


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