Aufarbeitung ist ein langer, intensiver Prozess – Bildungsministerium unterstützt die Demokratiebildung

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Zu den aktuellen Fragen nach den veröffentlichen Vorfällen mit Extremismus an der Grund- und Oberschule Burg (Spreewald) gibt das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) in einem FAQ einen Überblick über die Aufarbeitung und die Maßnahmen zum Umgang mit Extremismus.

Welche Vorwürfe zu rechtsextremistischen Vorfällen an der Schule haben sich bestätigt?
Es wurden von einigen Jugendlichen verschiedene Symbole und Äußerungen verwendet, die zum Teil verfassungsfeindlich sind. Die Veröffentlichungen von Symbolen, die mutmaßlich an der Schule in Burg fotografiert worden sind, kommentiert das MBJS nicht. Extremistische Symbole und Äußerungen werden von außen in Schulen hineingetragen, sie kommen leider in diversen gesellschaftlichen Zusammenhängen vor. Zusammen mit den Schülerinnen und Schülern werden Bedeutungen und Hintergründe von Symbolen und Ausdrücken im Unterricht und in Projekten inhaltlich aufgearbeitet – gerade auch vor dem speziellen Hintergrund der deutschen Geschichte.

Wie viele Schülerinnen und Schüler haben rechtsextreme Überzeugungen?
Die politischen Einstellungen unter Schülerinnen und Schülern sind ebenso breit gestreut wie in der Gesellschaft allgemein. Selbstverständlich ist jeder junge Mensch, der extremistisches Gedankengut für sich übernommen hat, einer zu viel. Eine Kategorisierung nimmt das MBJS nicht vor, auch um nicht eine Verfestigung der Einstellung bei den Schülerinnen und Schülern, mit denen pädagogisch gearbeitet wird, zu bewirken. Die Begleitung ist ein langwieriger, sensibler Prozess.

Welche Konsequenzen zieht das MBJS für Schülerinnen und Schüler?
Die Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole wird zur Anzeige gebracht. Zu möglichen strafrechtlichen Konsequenzen kann das MBJS keine Auskunft geben, da dies nicht in der Zuständigkeit des Ministeriums liegt. Die Schulaufsicht ist keine Ermittlungsbehörde.

Pädagogisch wird das Thema intensiv aufgearbeitet. Dafür sind außer den Lehrkräften auch Schulsozialarbeit und externe Partner eingebunden. Dieser Prozess ist sehr langwierig und intensiv, da sich auch die Einstellungen bei einigen Schülerinnen und Schülern über einen langen Zeitraum gebildet haben. Die pädagogische Aufarbeitung setzt auf Überzeugung und Einsicht in den Wert demokratischer und toleranter Werte im Sinne des Grundgesetzes. Sanktionsmöglichkeiten – etwa ein Schulverweis bei nicht mehr schulpflichtigen Jugendlichen – können allenfalls das letzte Mittel sein.

In welchen bekannt gewordenen Fällen hat die Schulleitung nicht reagiert? Welche dienstlichen Konsequenzen ziehen das MBJS und das Staatliche Schulamt?
Zu einzelnen Personalfragen gibt das MBJS aus Gründen des Datenschutzes keine Auskünfte. Der Prüfprozess an der Schule in Burg ist noch nicht abgeschlossen und wird sich über einen längeren Zeitraum bewegen. Forderungen nach personellen Konsequenzen sind nicht zielführend und unangebracht.

Fehleinschätzungen und -entscheidungen werden mit den Kolleginnen und Kollegen auf allen Ebenen aufgearbeitet und erneut auf die klaren Vorgaben aus dem Rundschreiben 09/21 „Hinsehen - Handeln – Helfen“ vom 22. Juni 2021 hingewiesen. Auch hier wird die Arbeit der externen Berater und der Schulaufsicht einen längeren Zeitraum benötigen, um hier gemeinsam mit allen Beteiligten eine Strategie zu entwickeln. 

Auch von anderen Schulen gibt es Meldungen von rechtsextremen Vorfällen. Wie gehen Sie damit um?
Extremistisches Gedankengut ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Es wird von außen in die Schulen hineingetragen, wo es dann auffällt, wenn einige Schülerinnen und Schüler es wiederholen. Die Schulen sind nach dem Rundschreiben 09/21 „Hinsehen - Handeln – Helfen“ vom 22. Juni 2021 verpflichtet, Vorfälle mit verfassungsfeindlichen und/oder extremistischen Hintergründen an die Schulämter zu melden. Jede Meldung wird ernst genommen und von den Schulämtern nach Einschätzung des jeweiligen Falles in Rücksprache mit der Schulleitung behandelt. Daher überrascht es nicht, dass es diese Meldungen gibt, sondern es ist ein gutes Zeichen dafür, wie aufmerksam die Lehrkräfte und Schulleitungen mit dem Thema umgehen. Die Ermutigung seitens des MBJS nach den Veröffentlichungen zu Vorfällen an der Grund- und Oberschule Burg hat noch einmal zu einer gesteigerten Sensibilität geführt. Im Zeitraum vom 1. bis 12. Mai 2023 meldeten die Schulleitungen in Brandenburg insgesamt 19 Vorfälle an die Staatlichen Schulämter. Regional teilt sich dies wie folgt auf:

  • Staatliches Schulamt Cottbus: 8 Vorfälle bzw. Äußerungen
  • Staatliches Schulamt Neuruppin: 3 Vorfälle bzw. Äußerungen
  • Staatliches Schulamt Brandenburg/Havel: 3 Vorfälle bzw. Äußerungen
  • Staatliches Schulamt Frankfurt (Oder): 6 Vorfälle bzw. Äußerungen

Zum Vergleich der Zeitraum 20.3.-31.3.23:

  • Staatliches Schulamt Cottbus: 2 Meldungen
  • Staatliches Schulamt Neuruppin: 2 Meldungen
  • Staatliches Schulamt Brandenburg/Havel: 3 Meldungen
  • Staatliches Schulamt Frankfurt (Oder): 3 Meldungen

Wie will das MBJS ein Ausbreiten von extremistischem Gedankengut verhindern?
Es ist ein gesamtgesellschaftliches Thema. Kinder und Jugendliche nehmen extremistisches Gedankengut in ihrem Umfeld auf – in der Familie, im Bekanntenkreis, in der Gastronomie, bei Freizeitbeschäftigungen.

Es ist aber auch ein Thema von Schulen. Das Bildungsministerium zieht eine klare rote Linie: Kein extremistisches Gedankengut und keine Gewalt an Schulen in Brandenburg. Das MBJS stärkt die demokratischen Kräfte vor Ort – es gibt in dieser Frage keine Neutralität mit Blick auf das Grundgesetz. Die im Rundschreiben 09/21 „Hinsehen - Handeln – Helfen“ vom 22. Juni 2021 beschriebenen Regeln sind allen in Schulen Beschäftigten bekannt. Alle Beteiligten sollen für ein angst- und gewaltfreies Schulklima Sorge tragen. Im konkreten Fall arbeiten das MBJS und das staatliche Schulamt mit externen Partnern wie der RAA mit der Schule zusammen. Dies geht einher mit Beratungen für die Lehrkräfte.

Welche Maßnahmen hat das MBJS ergriffen?
Die Demokratiebildung und die Aufklärung zum Extremismus ist schon lange ein wichtiges Thema an Schulen in Brandenburg. Ein Beispiel: Das Plakat „Regionale Beratungs- und Unterstützungsangebote für Schulen zur Demokratiebildung“ ist den Schulen zur Verfügung gestellt worden und stellt ganz konkret Kontakte für Fragen und Themen der Demokratiebildung dar, darunter viele Ansprechpartner bei Extremismus-Themen. Dazu gehören aber auch Beratungen in den Staatlichen Schulämtern – auch in Cottbus – zum Thema Extremismus an Schulen. Diese Maßnahmen und Angebote bestanden schon vor dem besonderen Fall in Burg.

Diese konsequente Zielstellung ist auch verankert im 5-Punkte-Plan zur Stärkung der politischen Bildung an Brandenburger Schulen, den das MBJS bereits im Februar vorgestellt hat. Das Ministerium unterstützt die Lehrkräfte und Schulleitungen durch Fortbildungen, über Projektförderungen und mit Hilfe eines Netzwerks externer Partner. Es fördert Gedenkstättenfahrten, Besuche von Zeitzeugen (wie den Holocaust-Überlebenden Walter Bingham vom 8. bis 12. Mai 2023) sowie die Programme „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ und „Starke Lehrer – starke Schüler“. Brandenburger Schulen lehren die Schülerinnen und Schüler, die Werte einer offenen Gesellschaft zu erkennen, ein Demokratieverständnis zu entwickeln und gegen alle Formen des Extremismus, Rassismus sowie Menschenfeindlichkeit einzutreten.

Schon vor der Veröffentlichung von Vorfällen an der Grund- und Oberschule Burg (Spreewald) hatte das MBJS diverse Materialien und Handlungsanleitungen für die Hand der Lehrkräfte zur Verfügung gestellt. Jüngst erschienen ist die Handreichung „Demokratiebildung" des Landesinstituts für Schule und Medien (LISUM). Damit wurde Unterstützungsmaterial für Schulen geschaffen, um dieses übergreifende Thema praxisnah, zielgerichtet und kompetenzorientiert zu einem immanenten Baustein schulischer Bildungsarbeit werden zu lassen. Zudem ist eine neue praxisnahe Handreichung mit Extremismus-Fallbeispielen für die Lehrerinnen und Lehrer in Arbeit, die noch vor den Sommerferien vorgestellt werden soll. 

Darüber hinaus wird das Bildungsministerium alle Interessierten – vor allem Lehrerinnen und Lehrer, Schulleitungen und pädagogische Fachkräfte – zu einer Tagung zum Umgang mit Gewalt und Extremismus an Schulen einladen. Dieses Fachgespräch „Extremismus an Schulen“ findet am 27. Juni in Cottbus statt.

Das MBJS und die Schulen nehmen eine aktive Rolle im Kampf gegen Extremismus ein. Den Schulen allein diese Aufgabe zuzuschreiben, genügt aber nicht. Dafür ist ein gesellschaftlicher Konsens erforderlich.


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