Fachgespräch Extremismus an Schulen

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Extremistische Äußerungen und Handlungen sowie Gewalttaten werden an Schulen in Brandenburg nicht geduldet. Bildungsminister Steffen Freiberg eröffnete das Fachgespräch „Demokratiefeindliche Tendenzen und Extremismus an Brandenburger Schulen begegnen“ am 27. Juni 2023 in der Messe Cottbus. Dieses Forum nutzten mehr als 200 Lehrkräfte und weitere Interessierte, um über den Umgang mit demokratiefeindlichen Tendenzen und den Einsatz für ein angst- und gewaltfreies Klima zu beraten. Dabei wurden auch konkrete Unterstützungsangebote für Schulleitungen und Lehrkräfte vorgestellt.

Bildungsminister Steffen Freiberg: „Das Bildungsministerium zieht eine klare rote Linie: Kein Fußbreit jeder Art von Extremismus an unseren Schulen! Wesent-liches Ziel der schulischen Bildung und Erziehung ist es, die Schülerinnen und Schüler auf der Basis demokratischer Werte zur selbstbestimmten gesellschaftlichen Teilhabe zu befähigen. Dies schließt insbesondere die Erziehung zu Toleranz und zum friedlichen Miteinander ein. Das Ministerium unterstützt Lehrerinnen und Lehrer auf vielfache Weise dabei. So legt der 5-Punkte-Plan ‚Stärkung der politi-schen Bildung an Brandenburger Schulen‘ wichtige Grundlagen dafür, dass Kinder- und Jugendliche gute Angebote haben, um Demokratie zu lernen. Ich danke allen engagierten Schulleitungen und Lehrkräften sowie der Schulsozialarbeit und vielen externen Partnern für ihren Einsatz, Schulen als lebendige Orte des Austauschs, der Solidarität und des Miteinanders zu gestalten.“

Beim Fachgespräch  in Cottbus standen Fachleute als Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner für Lehrkräfte und weitere Mitarbeitende im Schuldienst des Landes zur Verfügung.

Jörg Müller, Leiter des Brandenburgischen Verfassungsschutzes im Ministerium des Innern und für Kommunales (Abteilung 5): „Hakenkreuz-Schmierereien, NS-Parolen und Verharmlosungen von NS-Symboliken sind keine Bagatellen. Wenn im schulischen Umfeld so etwas auffällt, müssen wir als Gesellschaft reagieren. Gerade die Verharmlosung des Rechtsextremismus ist aus Sicht des brandenburgischen Verfassungsschutzes derzeit mit eine der größten Gefahren für unsere Demokratie. Akteure der Szene nutzen bewusst diese Strategie der ‚Entgrenzung‘. Sie vereinfachen komplexe Probleme, erklären Fakten als Lügen oder umgekehrt und verschieben in der Sprache die Grenzen. Bei jungen Menschen wirkt dies leider noch stärker.“

Alfred Roos, Leiter der Koordinierungsstelle „Tolerantes Brandenburg“ der Landesregierung: „Es ist richtig, dass den Schulen in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus eine besondere Bedeutung zukommt. Allerdings waren und sind diese Probleme keine reinen Jugendphäno-mene, sie können nicht von Schule allein gelöst werden. Deshalb braucht Schule die Unterstützung regionaler Akteurinnen und Akteure aus Verwaltung und Zivilge-sellschaft. Um diese Kooperation zu gewährleisten, müssen sich Schulen gegenüber diesen Akteurinnen und Akteuren öffnen.“     

Markus Klein, Geschäftsführer des Brandenburgischen Instituts für Gemeinwesenberatung (demos): „Rechtsextremismus ist seit den 1990er Jahren in Brandenburg ein durchgängiges und gesamtgesellschaftliches Problem. Es ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche früh lernen, wie ein demokratisches Miteinander aussehen kann. Schule ist dabei ein zentraler Lernort. Es ist aber gefährlich die Verantwortung allein bei Lehrerinnen und Lehrern sowie Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeitern zu sehen. Vielmehr ist Rechtsextremismus eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft, wobei wir als Institut demos gern beratend unterstützen.“

Udo Dannemann, Projektleiter „Starke Lehrer – starke Schulen“, Universität Potsdam: „Antidemokratische Tendenzen an Schulen sind keine Einzelfälle, sondern breit in der Gesellschaft verankert. Insbesondere in multiplen Krisenzeiten bedienen sich Schülerinnen und Schüler, aber auch Lehrkräfte an Positionen und Einstellungen, die einen (schulischen) demokratischen Werterahmen immer wieder zur Disposition stellen. Antidemokratischen Haltungen, die in Brandenburg ihren Widerhall auch in extrem rechten Strukturen finden, muss mit einer tiefgehenden, kontinuierlichen und breiten Auseinandersetzung begegnet werden.“

Neue zentrale Anlaufstelle: „Starke Lehrer – starke Schüler“
Beim Fachgespräch am 27. Juni 2023 lag ein Fokus auf dem Projekt „Starke Lehrer – starke Schüler“. Es wird ab 2024 in eine dauerhafte Programm-Struktur überführt, die vom MBJS finanziell getragen wird. Darüber stärkt das Bildungsministerium gezielt Lehrkräfte im Umgang mit antidemokratischen Einstellungen und Positionen. In Fortbildungen und Supervision erhalten sie Unterstützung bei der Auseinandersetzung mit rechtsextremistischen, antisemitischen und rassistischen Haltungen. An dem Projekt, das bislang in Zusammenarbeit mit der Universität Potsdam, der RAA Brandenburg, der Robert-Bosch-Stiftung sowie der Bundeszentrale für politische Bildung durchgeführt wird, nehmen sechs Oberstufenzentren im Land Brandenburg teil. Ab dem Jahr 2024 wird im Programm „Starke Lehrer – starke Schüler“ die zentrale Anlaufstelle für alle Schulformen in den Bereichen Supervision/Coaching, Schulberatung, demokratische Schulentwicklung und Prozessbegleitung am Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) eingerichtet. Die Universität Potsdam begleitet das Programm weiterhin fachlich.


Förderungen, Projekte, Fortbildungen: Maßnahmen des MBJS
Die Aufgaben der Schulen zur Prävention basieren auf dem Schulgesetz des Landes Brandenburg und werden mit den Rahmenlehrplänen weiter untersetzt. Weiterhin stehen den Schulen die Vorgaben und Hinweise des Rundschreibens 9/21 „Hinsehen-Handeln-Helfen: angst- und gewaltfrei leben und lernen in der Schule“ vom 22. Juni 2021 zur Verfügung. Es gibt klare schulorganisatorische Orientierung im Umgang mit extremistischen Vorfällen an Schulen.
Im Februar 2023 veröffentlichte das MBJS das Handlungskonzept „5-Punkte-Plan zur Stärkung der politischen Bildung an Brandenburger Schulen“. Vor allem die Demokratieförderung soll als gemeinsame Aufgabe für Schulen ausgebaut und die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an Schulen deutlicher gemacht und intensiviert werden.

Die Schulen in Brandenburg erhalten vom MBJS Unterstützung etwa in Form von Materialien und Methoden für den Unterricht über den Bildungsserver Berlin-Brandenburg. Das Ministerium fördert Schulfahrten zu Gedenkstätten jährlich mit rund 150.000 Euro und hat die Projektförderung im Bereich der Demokratiebildung in diesem Jahr um 120.000 Euro auf jährlich 250.000 Euro aufgestockt. Die Schulen haben die Möglichkeit, mehr als 420 außerschulische Lernorte in Brandenburg, Berlin und Polen zu besuchen. Das MBJS sichert im Land Brandenburg den Einsatz von zehn Gedenkstättenlehrkräften und drei Gedenkstättenpädagogen ab.

Ein starker Partner in der Demokratiebildung und beim Umgang mit Extremismus-Themen ist die RAA Brandenburg (Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie). Sie betreut zum Beispiel das Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, an dem mehr als 100 Schulen in Brandenburg teilnehmen.

Insgesamt fünf Schulberaterinnen und Schulberater unterstützen die Schulen bei der Entwicklung von Schulkonzepten und bieten Fortbildungen für Lehrkräfte an. Das LISUM bietet Lehrkräften Seminarreihen sowie Online-Seminare an. Außerschulische Bildungsträger bieten Fortbildungen auf dem Portal „Fortbildungs-Netz“ des Bildungsservers an. Das MBJS fördert die Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit zum Beispiel mit einer Fortbildungsreise für Lehrkräfte nach Yad Vashem in Jerusalem zur Vermittlung der Geschichte des Holocaust.

Anfang März 2023 erhielten alle Schulen ein Plakat zu regionalen Beratungs- und Unterstützungsangeboten zur Demokratiebildung. Es gibt Lehrkräften einen schnellen Überblick über Angebote und außerschulische Partner im Land Brandenburg, deren Online-Angebote über einen QR-Code digital aufrufbar sind.
Ebenso in diesem Jahr hat das Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) die „Handreichung für das übergreifende Thema Demo-kratiebildung“ herausgebracht. Sie stellt die Rolle der Demokratiebildung im Un-terricht der Einzelfächer, im Schulleben sowie im außerschulischen Setting dezidiert dar.

Angebote und Ansprechpersonen beim Fachgespräch
Bei einem „Markt der Möglichkeiten“ als Teil des Fachgesprächs in Cottbus stellten sich wichtige Akteure der Extremismus-Arbeit in Brandenburg vor. Die Regionalen Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie (RAA Brandenburg) samt ihren Fachstellen Islam und Antisemitismus, das Brandenburgische Institut für Gemeinwesenberatung (demos), das Netzwerk für Demokratie und Courage sowie der Landespräventionsrat gaben Einblicke in schulische Unterstützungsangebote im Bereich der Extremismusprävention und -intervention

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