Kinderschutz in Familien

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Der Kinderschutz bei bereits eingetretenen manifesten Gefährdungslagen von Kindern und Jugendlichen oder in erhärteten Verdachtsfällen bewegt sich im Spannungsfeld des

  • verfassungsmäßigen Schutzrechtes der Eltern auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder,
  • des Wohls des Kindes, dem die elterliche Pflege und Erziehung verpflichtet ist und
  • staatlichen Eingriffsbefugnissen, wenn das Wohlergehen des Kindes durch seine Eltern gefährdet wird.

Von einer Kindeswohlgefährdung wird dann gesprochen, wenn ein Kind, ein Jugendlicher oder eine Jugendliche durch

  • körperliche oder seelische Misshandlung,
  • durch Vernachlässigung, die körperlicher, seelischer oder geistiger Art sein kann, oder
  • durch sexuelle Gewalt

in seinem bzw. ihrem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohlergehen gefährdet ist und die Eltern nicht bereit oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden.

Staatliche Eingriffsbefugnisse in elterliche Rechte ergeben sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vom 29. Juli 1968) daraus, „dass das Kind als Grundrechtsträger selbst Anspruch auf den Schutz des Staates hat. Das Kind ist ein Wesen mit eigener Menschenwürde und dem eigenen Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit im Sinne Grundgesetzes. Eine Verfassung, welche die Würde des Menschen in den Mittelpunkt ihres Wertesystems stellt, kann bei der Ordnung zwischenmenschlicher Beziehungen grundsätzlich niemandem Rechte an der Person eines anderen einräumen, die nicht zugleich pflichtgebunden sind und die Menschenwürde des anderen respektieren.“

Grundgesetz der Bundesrepublik, Artikel 1
Grundgesetz der Bundesrepublik, Artikel 2

Familiengerichte und Jugendämter sind die zentralen staatlichen Institutionen des Kinderschutzes. Ihnen obliegt es, Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen. Dabei gilt selbstverständlich der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Vor jeglichen gerichtlichen Eingriffen in das elterliche Sorgerecht müssen die helfenden und unterstützenden Leistungen des Kinder- und Jugendhilferechts zur Unterstützung von Eltern eingesetzt werden, um deren Unzulänglichkeiten und Überforderung auszugleichen.

Grundgesetz der Bundesrepublik, Art.6, Abs.2

Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen und dabei das Kind bzw. den Jugendlichen selbst und seine Eltern einzubeziehen, soweit im Einzelfall Schutzbelange des Kindes nicht einer Einbeziehung der Eltern entgegenstehen.“  

Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung – §8a  SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe

Zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung bietet das Jugendamt den Eltern in erster Linie die nach den Besonderheiten des Einzelfalles geeignete sozialpädagogische und therapeutische Leistungen nach dem Kinder- und Jugendhilferecht an, um sie darin zu unterstützen, ihrer Verantwortung für das Wohlergehen und die gedeihliche Entwicklung ihrer Kinder wieder gerecht zu werden.

Erst wenn Eltern aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage sind, aktiv an der Abwendung von Gefährdungen mitzuwirken, oder wenn sie eine bestehende Gefährdung verleugnen, müssen die Jugendämter durch Anrufung des Familiengerichts die zur Wiederherstellung des Kindeswohls erforderlichen gerichtlichen Auflagen oder Einschränkungen des elterlichen Sorgerechts erwirken. Allein den Familiengerichten als Teil der rechtsprechenden Gewalt ist es vorbehalten, Eltern Auflagen zur Ausübung ihres Sorgerechts zu erteilen oder ihnen das Sorgerecht teilweise oder ganz zu entziehen und dieses auf einen Vormund oder Pfleger zu übertragen.

Nur in dringenden, akuten Gefährdungsfällen, wenn eine gerichtliche Entscheidung nicht abgewartet werden kann, sind Jugendämter selbst berechtigt und gleichzeitig verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen auf ohne Wissen oder gegen den Willen der Eltern in ihre Obhut zu nehmen. Im Konfliktfall des Widerspruchs der Eltern gegen die Inobhutnahme müssen die Jugendämter jedoch unverzüglich eine Entscheidung des Familiengerichts zu erforderlichen sorgerechtlichen Maßnahmen einholen.

Inobhutnahme §42 SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe

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