Fachgespräch Umgang mit Krieg und Antisemitismus

Minister Steffen Freiberg beim Fachgespräch Umgang mit Antisemitismus und Krieg (c) MBJS

Kriegsbilder aus dem Nahen Osten, der Hamas-Angriff auf Israel, antisemitische Parolen und Aktionen in Deutschland: Der Nahost-Konflikt ist ein bewegendes Thema an den Schulen in Brandenburg. Schülerinnen und Schüler haben Fragen – Lehrkräfte tragen eine große Verantwortung, die Themen mit ihnen aufzuarbeiten. Vor diesem Hintergrund hat das Bildungsministerium (MBJS) am 27. November 2023 das Fachgespräch „Der aktuelle Nahost-Konflikt: Wie sollen Schulen mit Antisemitismus und dem Thema Krieg umgehen?“ veranstaltet. Daran nahmen Schulleitungen, Lehrkräfte und Schülervertretungen teil, insgesamt rund 170 Teilnehmende in Präsenz oder per Livestream.

Bildungsminister Steffen Freiberg: „Unsere Schulen leisten einen ganz wichtigen Beitrag: Sie haben den Schülerinnen und Schülern seit Beginn der jüngsten Auseinandersetzungen in Nahost mit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel den Raum gegeben, sich mit den Bildern von Gewalt und Krieg und mit ihren belastenden Gefühlen auseinandersetzen zu können. Ich danke den Lehrerinnen und Lehrern für ihre Sensibilität und ihr Verantwortungsbewusstsein. Das Bildungsministerium unterstützt sie weiterhin bei der schwierigen Aufgabe, den Krieg altersgerecht anzusprechen und ebenso deutlich zu machen, dass Antisemitismus und Hass gegen Israel an Brandenburgs Schulen in keiner Weise Raum bekommen.“

Der Landtagsabgeordnete Andreas Büttner (Die Linke) hielt die Auftaktrede: „Jüdisches Leben in Deutschland ist in Gefahr. Allein diesen Satz in unserem Land im Jahr 2023 sagen zu müssen, zeigt uns, wie schwierig die Situation ist. Wir dürfen es nie wieder zulassen, das Jüdinnen und Juden Angst haben müssen. Die Verpflichtung müssen wir jetzt umsetzen – darin sehe ich auch eine Aufgabe für Schulen in Brandenburg. Antisemitismus in Deutschland ist ein Problem aller gesellschaftlicher Schichten.“ Andreas Büttner ist Co-Vorsitzender des Freundeskreises Israel des Brandenburger Landtags und engagiert sich für den politischen und zivilgesellschaftlichen Brückenschlag zwischen Brandenburg und Israel. Am 23. November 2023 hat er eine bewegende Rede bei der Antisemitismusdebatte im Brandenburger Landtag gehalten. 
> Rede: Andreas Büttner im Landtag Brandenburg

In der Diskussion mit verschiedenen Fachleuten ging es vor allem um Unterstützungsangebote für die Schulen, Beispiele aus dem Schulalltag und konkrete Hilfestellungen. Zuvor haben folgende Expertinnen und Experten haben einen Input gegeben:

Dr. Olaf Glöckner vom Moses Mendelssohn Zentrum (MMZ) an der Universität Potsdam sprach über die israelische Historie als Konfliktgeschichte und den israelbezogenen Antisemitismus. Der Israelwissenschaftler arbeitet zu den Schwerpunkten Gesellschaft und Gegenwart, russisch-jüdische Emigration und Zuwanderung sowie europäisches Judentum nach 1989 und sagt: „Israel kennt seit der Staatsgründung 1948 zahllose Konfliktsituationen. Im Dauerkonflikt mit den Palästinensern wechseln Phasen eines relativen Miteinanders mit solchen von heftiger Gewalt, letztere wirken bis nach Europa. Im pro-palästinensischen Lager mischt sich Israelgegnerschaft häufig mit Judenhass und Antisemitismus, Angriffe auf jüdische Einrichtungen sind die Folge. Wichtig ist daher, politische Manifestationen von dezidierter Judenfeindschaft unterscheiden und intervenieren zu können.“
> Input: Israelische Konfliktgeschichte und Israel bezogener Antisemitismus

Désirée Galert, Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus, referierte über Widerspruchstoleranz und Emotionen als wichtige Bestandteile der politischen Bildung: „Die Schaffung eines Lernumfeldes, in dem Schülerinnen und Schüler sich gehört fühlen, trägt dazu bei, die Widerspruchstoleranz der Schülerinnen und Schüler zu fördern. Die Betonung von Multiperspektivität und ein diskriminierungssensibler Umgang mit Antisemitismus und (antimuslimischem) Rassismus, der mit einer klaren Verurteilung der terroristischen Anschläge der Hamas einhergehen muss, sind entscheidende Elemente, um einen nachhaltigen und kritischen Umgang mit dem ‚Nahostkonflikt‘ im Unterricht sicherzustellen.“ Désirée Galert leitet den Bereich Pädagogik sowie die Praxisstelle Bildung und Beratung, die für Schulen unter anderem Workshops und Lehrkräfte-Fortbildungen im Themenfeld Antisemitismus anbietet.
> Input: Antisemitismus und Nahost-Konflikt-Widerspruchstoleranz und Emotionen

Dr. Eva Flecken, Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb)sprach über die Notwendigkeit von Informations- und Nachrichtenkompetenz in Zeiten von Multikrisen: „Funktionierende Demokratien brauchen gut informierte Bürgerinnen und Bürger. Gleichzeitig kämpfen wir täglich gegen eine wahre Nachrichtenflut an, die es einzuordnen gilt. Wie gut das gelingt, kann Einfluss darauf haben, ob Menschen Vertrauen in Institutionen verlieren oder Falschnachrichten millionenfach weiterverbreiten. Als mabb setzen wir uns deshalb für Projekte ein, die allen Generationen die nötigen Kompetenzen vermitteln, um Medien selbstbestimmt zu konsumieren und Desinformation entschieden entgegenzutreten. Denn: Nur, wer medienkompetent ist, ist demokratiekompetent.“ Dr. Eva Flecken leitet seit 2021 die mabb und war zuvor als Vice President bei Sky Deutschland unter anderem für das Thema Jugendschutz verantwortlich und leitete auch das Berliner Hauptstadtbüro des Senders.
> Input: Informations- und Nachrichtenkompetenz bei Multikrisen

Im Zusammenhang mit der thematischen Behandlung des Nahost-Konflikts sind vor allem die Fächer Politische Bildung und Geschichte gefordert. Viele Schülerinnen und Schüler bewegt der Konflikt zum Teil auf unterschiedliche Weise. So muss dem Gesprächs- und Erklärungsbedarf seitens der Jugendlichen in allen Fächern zeitnah Rechnung getragen werden. Die Lehrkräfte haben die herausfordernde Aufgabe, Haltung gegen Antisemitismus zu zeigen und gleichzeitig den Nahostkonflikt sensibel zu thematisieren.

Aufgrund des besonderen Unterstützungsbedarfs der Schulen hat das MBJS schon kurz nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ein Rundschreiben mit Informations- und Beratungsangeboten an alle Lehrkräfte in Brandenburg verschickt. Der Fundus reicht von Materialien auf dem Bildungsserver Berlin-Brandenburg oder der Bundeszentrale für politische Bildung über Informationsangebote der Website „Anders denken“ bis zur aktuell veröffentlichten Broschüre „Handlungsleitlinien für Schulleitungen und Lehrkräfte im Umgang mit antidemokratischen Verhaltensweisen und Positionen an Brandenburger Schulen“ durch das MBJS. Das heutige Fachgespräch ist ein weiterer wichtiger Baustein um den Lehrkräften weitere Information und Unterstützung zu geben.

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